Die Kirche St. Cosmae et Damiani
Die Kirche zu Exten ist das älteste Gotteshaus im schaumburgischen Wesertal. Der jetzige Bau stammt aus dem 12. Jahrhundert. Einer Sage nach wurde das Gotteshaus von der Gräfin Hildburg, der Stifterin des Klosters Möllenbeck, 896 errichtet. Die Kirche ist aber vermutlich noch viel älter. Walter Maack schreibt: "Nach den neuesten Forschungen über die frühe kirchliche Organisation in unserem Bereich ist die Exter Kirche noch vor dem Jahre 800 n. Chr. von Würzburg aus gegründet worden und zwar noch während der Sachsenkriege (772-804)". Der erste Bau, der wahrscheinlich eine Holzkirche war, soll zwischen 770 und 790 erbaut worden sein. Dieses erste Gotteshaus war eine Taufkirche. In ihr wurden Taufbewerber, die zwischen Vlotho, Schötmar, Lügde und Hameln wohnten, getauft. Die Kirchengemeinde Exten war eine Ur-Gemeinde. Zur Zeit der Christianisierung der Sachsen war Exten ein Mittelpunkt der Missionsarbeit. Von hier aus wurden die anliegenden Gebiete missioniert, weitere Gemeinden gegründet und Kirchen gebaut. Exten als Urpfarre ist demnach älter als das Stift Möllenbeck.
Das Grundstück, auf dem die Kirche steht, ist ein alter Thingplatz. Der ganze kirchliche Grundbesitz gehörte der Sippe Widukind, die im Wesertal über große Besitzungen verfügte. Später wurde das Kirchengrundstück mit den dazu gehörenden Ländereien dem Bischof in Minden übereignet. Die Kirchengemeinde bestand bereits vor der Zeit des Edelhofes, der später als Lehen vom Domkapitel zu Minden der Familie von Eckersten übertragen wurde. Exten war somit nie eine Patronatsgemeinde. Die Führung der Gemeinde lag zuerst in den Händen der Missionare, die aus Würzburg gekommen waren. Dann kam Exten vermutlich unter die Aufsicht des Bischofs zu Paderborn und wurde später dem Bistum Minden unterstellt. Im Jahr 1287 wurde die Kirche zu Exten durch den Bischof von Minden dem Jakobskloster in Rinteln übertragen. Vom Kloster aus wurde die Gemeinde bis zur Reformation durch einen Vicepleban verwaltet. Die Kirchenchronik zu Exten weiß zu berichten, dass bei besonderen Angelegenheiten der Probst des Klosters selbst die kirchlichen Amtshandlungen durchführte.
Das Gotteshaus war zuerst dem Hl. Kilian geweiht. Kilian, ein irischer Missionar, kam im 7. Jahrhundert in das Frankenland. 688 erlitt er in der Nähe von Würzburg mit zwei Landsleuten den Märtyrertod. Die Erhebung seiner Reliquien erfolgte bereits 752. Sehr früh wurde er als Heiliger verehrt und zum Schutzpatron von Kirchen gewählt.
Im 13. Jahrhundert wurden die beiden Heiligen Cosmas und Damianus die Schutzpatrone des Gotteshauses. Warum dieser Wechsel vorgenommen wurde, ist uns unbekannt. Es wird angenommen, dass in jener Zeit in dem Kirchspiel die Pest wütete. Um vor ihr gerettet zu werden, so vermutet man, wurden die beiden Ärzte SS. Cosmas und Damianus die Schutzpatrone der Kirche. Cosmas und Damianus sind Märtyrer zur Zeit des Kaisers Diokletian gewesen. Sie waren Brüder und Ärzte, die ihre Patienten unentgeltlich behandelten. Darum wurden sie die "Anargiroi" genannt, was übersetzt in etwa "die kein Silber nahmen" bedeutet . Sie handelten nach dem Wort Christi: "Macht die Kranken gesund, reinigt die Aussätzigen, weckt die Toten auf, treibt die Teufel aus. Umsonst habt ihrs empfangen, umsonst gebt es auch." (Matth. 10,8). Kirchen in Griechenland, Palästina und Ägypten trugen ihren Namen. Sie sind die Schutzpatrone der aus dem 6. Jahrhundert erhaltenen Basilika am Forum Romanum.
Als die Kirche 1964/65 renoviert wurde, stießen die Handwerker beim Einbau der Heizung während der Erdarbeiten auf eine große Steinplatte inmitten der Kirche. Die Maße dieser Platte sind ungefähr 3 x 6 Meter und 40 Zentimeter stark. Da die Platte ihrer Größe wegen nicht heraustransportiert werden konnte, wurde sie in die Südwestecke des Kirchenschiffs geschoben. Sie liegt dort unter dem Holzfußboden. Die Vermutung liegt nahe, dass erstens die Platte das Fundament der ersten Holzkirche in Exten war. Zweitens scheint damit erwiesen zu sein, dass das jetzige Gotteshaus über der Taufkapelle gebaut worden ist. Drittens, da hier weit und breit solche großen Steinplatten nicht zu finden sind, ist anzunehmen, dass sie auf dem Wasserweg nach Exten transportiert worden ist. Diese Steinplatte diente vielleicht als Altar, auf dem die Germanen ihren Göttern geopfert haben.
Der dicke quadratische Turm war im 16. Jahrhundert zum Teil eingestürzt. Wie die Inschrift auf der westlichen Seite zeigt, wurde der Turm 1548 wieder aufgebaut. Die dem Schiff zugekehrte Wand ist ein Rest des alten Turms und hat noch ein doppeltes romanisches Schallfenster.
Von der früheren reichen Malerei-Ausstattung des Gotteshauses ist nichts erhalten geblieben. Ein sehr wertvolles, geschnitztes Altarbild, das auf vielen Ausstellungen zu sehen war, wurde 1883 an einen Kunsthändler Müller in Düsseldorf für 60 Mark verkauft, um die Gemeindekasse aufzufüllen. Wo sich dieses Kunstwerk heute befindet, ist uns unbekannt.
Das Gotteshaus bringt nach der letzten Renovierung die rein romanische Form des alten Baus voll zur Geltung. Es ist eine einschiffige Kirche mit einem erhöhten Chorraum und halbrunder Apsis. Diese halbrunde Apsis ist einmalig in unserem Kirchenkreis; sie ist das Charakteristikum der Extener Kirche.
Im Museum zu Marburg werden zwei wertvolle Kruzifixe aus Exten aufbewahrt. Beide sind romanisch und stammen aus dem 12./13. Jahrhundert. Das Eigenartige der Darstellung ist, dass der Gekreuzigte keinen Schurz, sondern ein Gewand trägt, das von den Schultern bis auf die Füße fällt. Am Kreuz hängt nicht der Zerbrechende und Gescheiterte, sondern der Siegende und zur Herrlichkeit Auffahrende; sein Antlitz strahlt Güte und Frieden aus.
Der letzte Schmuck aus alter Zeit ist auf der Nordseite des Altarraumes das gotische Sakramentsschränkchen mit der Darstellung des Schweißtuches der heiligen Veronika.
Der Altar ist wahrscheinlich das älteste Heiligtum in diesem Gotteshaus. In ihm ist eine Vertiefung (Sepulcrum) zur Aufbewahrng der Reliquien. In ihr ruhten einst Reliquien des heiligen Kilian und des Cosmas und Damianus. Das alte Sigillum (Abdeckplatte mit den vier Nietstellen) ist noch vorhanden und verdeckt heute die Vertiefung im Altar.
Wer vor diesem Altar steht, soll wissen, dass er vor dem ältesten Tisch in Exten steht. Seit über 1200 Jahren wird hier das Brot des Lebens ausgeteilt. Er erinnert uns an das Wort des Herrn, der das Brot des Lebens ist.
Die drei Fenster hinter dem Altar sind Werke des Künstlers Brenneisen aus Hannover; sie stammen aus dem Jahre 1965. Das linke Fenster stellt die Geburt Christi dar, das mittlere zeigt die Auferstehung des Herrn und auf dem rechten Fenster wird das Pfingstgeschehen dargestellt.
Die Kanzel im Bauernbarock stammt aus dem 18. Jahrhundert. Die Bilder an der Kanzel stellen Christus und die vier Apostel dar.
Auf der Brüstung der Orgelempore hängen die vier Wappen der Familien des Edelhofes, der westlich der Kirche liegt.
Das erste Wappen ganz links gehört der Familie von Eckersten, die bis 1543 hier saß. Ein Horn ist ihr Wappenzeichen.
Der Familie von Wartensleben gehört das zweite Wappen. Es ist der herausspringende Wolf aus dem Busch. Einer Sage nach war ein Vorfahre der von Wartensleben Knappe im kaiserlichen Dienst. Bei einem Marsch durch den Wald soll er ein Glied der kaiserlichen Familie vor einem.aus dem Wald herausspringenden Wolf das Leben gerettet aben. Auf diese Tat hin wurde der Knappe geadelt. Graf Alexander von Wartensleben war der erste Generalfeldmarschall von Preußen und einer der drei Minister des ersten preußischen Königs.
Das dritte Wappen mit dem Löwen ist das der Familie Grimmell. Ein reicher Handelsherr aus Bremen hatte den Edelhof , der durch die Verschuldung derer von Wartenburg zur Versteigerung gekommen war, gekauft. Der neue Besitzer brachte den Edelhof zu neuer Blüte.
Das vierte Wappen mit den beiden Sternen gehört der Familie von Meien, die das Erbe Grimmells übernahmen.
Die Orgel der Kirche St. Cosmae et Damiani:
Die Orgel unserer Kirche steht unter Denkmalsschutz. Auf der rechten Seite des Barockprospektes steht das Jahr 1733. Die Orgelbaufirma Hammer in Hannover datiert die ältesten Orgelpfeifen in das 16. Jahrhundert zurück. Damit ist erwiesen, dass Exten um 1550 zur Zeit der Reformation bereits eine Orgel gehabt hat. Dem Orgelbaumeister Eikhoff aus Hannover ist es in hervorragender Weise gelungen, diese alten Pfeifen mit den neuen 1968 in einem Werk zusammenzufassen. Es erklingen im Gotteshaus Stimmen, die 400 Jahre alt sind. Das Orgelwerk hat 12 1/2 Register, geteilte Laden, die es dem Organisten ermöglichen, auf dem einmanualigen Instrument Trio zu spielen. Somit ist die Orgel ein Unikum unter den Orgeln weit und breit. Die neue Orgel wurde am 17. Dezember 1967 geweiht. Nach alter Orgelbauertradition gab es bei der Nachfeier zu Ehren der Orgelbauer aus einer vierfußhohen Orgelzinnpfeife Wein.
Die Glocken der Kirche St. Cosmae et Damiani:
Das neue Geläut wurde von der Gemeinde 1968 angeschafft. In einem halben Jahr brachte die Gemeinde aus freiwilligen Gaben mit Spenden von "alten Ausgewanderten" und Freunden aus Amerika und Kanada 36.000 DM auf. Mit dieser Summe konnten die vier Bronzeglocken gekauft werden.
Die erste Glocke ist die Gott-Vater-Glocke, ihr Symbol ist das Gottesauge im Dreieck. Die Glocke hat folgende Inschrift: "Ehre sei Gott in der Höhe".
Die zweite Glocke trägt als Zeichen das Kreuz auf der Weltkugel . Der dazugehörige Spruch lautet: "O Land, Land, Land, höre des Herren Wort".
Die dritte Glocke trägt das Christusmonogramm CHI / RHO. Ihr Spruch ist: "Danket dem Herren und predigt seinen Namen"; sie ist eine Missionsglocke.
Die vierte und zugleich kleinste der Glocken hat als Symbol JHS. Ihr Spruchband ist das Wort Jesu "Friede sei mit euch". Diese Glocke ist eine Friedensglocke.
| Schlagton: | Gewicht: |
1. Glocke: | e' | 1.131 kg |
2. Glocke: | g' | 802 kg |
3. Glocke: | c'' | 430 kg |
4. Glocke: | d'' | 349 kg |
Das Gesamtgewicht der Glocken beträgt 2.712 kg
Die alten Glocken, die durch die neuen ersetzt worden sind, waren aus Gußstahl. Die älteste Gußstahlglocke war aus dem Jahre 1870. Sie steht im Eingang des Turmes. Die beiden anderen Glocken waren 1925 gegossen worden. Wegen Sprunggefahr musste das Geläut 1967 stillgelegt werden.
In der alten Chronik der Kirchengemeinde Exten wird berichtet, dass die Kirche in den früheren Jahrhunderten ein hervorragendes Geläut aus drei Glocken gehabt haben soll. Die große Glocke soll auf Befehl des damaligen Landesfürsten ihrer Größe und ihres Klanges wegen in die Residenzstadt Kassel gebracht worden sein. Eine andere Erzählung berichtet, dass Feinde die große Glocke geraubt hätten. Auf dem Transport zur "Chur - Cöllnische Residenz der Stadt Bonn sey selbige im Rhein versunken". Diese Berichte können auf ihre Wahrheit hin nicht geprüft werden. Was aus der zweiten Glocke geworden ist, ist unbekannt. Die dritte Glocke des alten Geläuts wurde wurde ein Opfer des 1. Weltkrieges. Sie ist uns gut bekannt. Sie stammte aus dem Jahre 1587 und hatte folgende Inschrift:
Ist Gott mit uns, woll kann den widder uns sin,
Johann Pock, Herr Arend Flöge, Hinrich Schnüll, Cord Bruns, Nolte Megger
MDLXXXVII H.S.T.C.V.H.
Diese Glocke hat für die Kirchengemeinde einen besonderen Wert. Sie trägt den Namen des ersten evangelischen Pastors in Exten, Pastor Flöge, und der Männer, die für die Einführung der Reformation in Exten eingetreten waren. Der Bibelspruch deutet auf die Schwierigkeit der Einführung der Reformation in Exten, aber auch auf die Standfestigkeit und Furchtlosigkeit der Männer im Kirchspiel Exten hin. Es ist anzunehmen, dass die Reformation während der General-Visitation 1563, die Graf Otto von Schaumburg in seiner Grafschaft hielt, in Exten eingeführt worden ist.